9. November 2015 link

„Einzelkaufmann“ kein geeignetes Kriterium

„Einzelkaufmann“ kein geeignetes Kriterium zur Abwertung durch Ratingagenturen!

 (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 07.04.2015, Az. 24 U 82/14)

Ratingagenturen sind private und gewinnorientierte Unternehmen, deren Arbeit darin besteht, die Bonität von Unternehmen, Wertpapieren und Staaten zu bewerten und das Ergebnis dieser Bewertung Investoren und Gläubigern preiszugeben. Die vergebenen Ratings spielen damit für Unternehmen eine zentrale Rolle auf dem Kapitalmarkt, etwa bei der Aufnahme von Krediten und der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen. Oftmals haben die vergebenen Ratings – als sog. trigger events – auch unmittelbaren Einfluss auf bestehende Vertragsbeziehungen und können zu automatischen Zinserhöhungen führen.

Grund genug, die oftmals undurchsichtigen Bewertungskriterien der Agenturen zu hinterfragen!

Vor dem OLG Frankfurt a.M. (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 07.04.2015, Az. 24 U 82/14) musste eine Ratingagentur nun erklären, warum sie einem Unternehmen im Bereich der Luftfahrtindustrie die schlechteste mögliche Bewertung erteilt hatte. Dies obwohl das Unternehmen bereits 16 Jahre am Markt tätig war und bei dem es zu keiner Zeit zu Zahlungsausfällen oder gar einer Insolvenz gekommen war. Dabei musste die Agentur offenbaren, dass sie ihre Bewertung einzig und allein auf das Kriterium gestützt hatte, dass es sich bei dem zu bewertenden Unternehmen um einen Einzelkaufmann handelte.

Zu dieser Bewertung fanden die Frankfurter Richter ungewöhnlich deutliche Worte:

„Die von der Beklagten abgegebene äußerst negative Bewertung der Kreditwürdigkeit der Klägerin ist ohne jegliche sachliche Basis. Das gesamte Vorgehen der Beklagten bei der Abgabe ihrer verschiedenen Bewertungen ist von einer verantwortungslosen Oberflächlichkeit geprägt, die das absolute Recht der Klägerin, keine rechtwidrigen Eingriffe in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb erleiden zu müssen, schwerwiegend verletzt. […] Und hinsichtlich des allein verbliebenen Prädiktors „Einzelkaufmann“ leuchtet es dem Senat nicht ein, weshalb der mit seinem Gesamtvermögen persönlich haftende Einzelkaufmann nicht ein eher geringeres Risiko mit sich trägt als nur mit dem Gesellschaftsvermögen haftende GmbH, GmbH u. Co KG oder UG, bei denen es sich nicht selten um wertlose „Sachgründungen“ handelt.“

Ein negatives Scoring aufgrund oberflächlicher Bewertung kann einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen und die bewertende Agentur zur Unterlassung und zum Schadensersatz verpflichten!

 

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