10. März 2016 link

Löschung von Negativäußerungen im Internet

BGH konkretisiert die Prüfpflichten von Bewertungsportalen (BGH, Urteil vom 1. März 2016, Az.: VI ZR 34/15)

(BGH, Urteil vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15)

Am 1. März 2016 wurde eine neue Entscheidung des BGH zu den Prüfpflichten von Online-Bewertungsportalen verkündet. Bislang liegt zwar nur eine Pressemitteilung des BGH vor, es ist jedoch zu erwarten, dass die Entscheidung zu einer Erweiterung des Schutzes der Betroffenen vor anonymen Negativäußerungen in Online-Bewertungsportalen führen wird.

Entsprechend einem Trend in der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung wird durch die nun verkündete Entscheidung die Möglichkeit zur anonymen Bewertung eingeschränkt, der Schutz des Persönlichkeitsrechts verstärkt und den Betroffenen wird es ermöglicht, eine Löschung der haltlosen und schädigenden Negativbewertung leichter durchzusetzen.

Während die Betroffenen einer unsachlichen Anprangerung im Internet bisher oftmals nur unter den relativ engen Voraussetzungen einer nachgewiesenen Schmähkritik oder unwahren Tatsachenbehauptung eine Löschung der Bewertung gegenüber dem Bewertungsprotal durchsetzen konnten, bestätigt der BGH nunmehr, dass auch schon ein Mangel an tatsächlichen Anknüpfungspunkten oder die mangelnde Belegbarkeit zu einem Anspruch auf Löschung der Bewertungen führen kann.

Hintergrund der Entscheidung war die Bewertung eines Zahnarztes auf dem Bewertungsportal www.jameda.de. Ein anonymer Nutzer hatte die Praxis des Zahnarztes dort mit der Gesamtnote „mangelhaft“ bewertet, wobei die Praxis in den Einzelkategorien „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“ jeweils mit der Schulnote „6“ bewertet wurde. Daraufhin forderte der betroffene Zahnarzt die Betreiber des Portals dazu auf, die Bewertung von der Bewertungsplattform zu entfernen, da die behauptete Behandlung tatsächlich überhaupt nicht stattgefunden habe. Nach Weiterleitung der Beanstandung des Arztes an den anonymen Nutzer des Bewertungsportals beließen die Betreiber der Bewertungsplattform die monierte Bewertung jedoch auf dem Bewertungsprotal und teilten dem betroffenen Zahnarzt lediglich mit, dass ihnen Unterlagen zugegangen seien, die die Durchführung der Behandlung bestätigten. Die Antwort des anonymen Verfassers und die zugegangenen Unterlagen wurden dem betroffenen Arzt jedoch aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken nicht zugänglich gemacht.

Während das zunächst mit der Angelegenheit befasste Landgericht dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch des Zahnarztes stattgab, hielt das sodann in der Berufungsinstanz mit der Angelegenheit befasste OLG Köln einen Unterlassungsanspruch für nicht gegeben. Zur Begründung führte das OLG Köln aus, dass der Betreiber der Bewertungsplattform deshalb nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könne, da eine die Störerhaftung begründende Verletzung von zumutbaren Prüfpflichten nicht gegeben sei. Eine Abwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten des Arztes, den Persönlichkeitsrechten des anonymen Verfassers der Bewertung sowie der Meinungsfreiheit der Plattformbetreiber ergäbe, dass das Interesse des anonymen Nutzers und der Plattformbetreiber an Datenschutz und dem Recht auf Anonymität des Verfassers, das Interesse des betroffenen Arztes an einer Löschung des Eintrags überwiege.

Dieses Urteil hob der Bundesgerichtshof nun mit seiner Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das Oberlandesgericht.

Zwar dürfe den Betreibern des Bewertungsportals keine unzumutbare Prüfungspflicht auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Der Umfang der Zumutbarkeit richte sich jedoch nach den Umständen des Einzelfalles. Maßgebliche Bedeutung komme dabei dem Gewicht der beanstandeten Rechtsverletzung, den Erkenntnismöglichkeiten des Providers sowie der Funktion des vom Provider betriebenen Dienstes zu.

„Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihr obliegende Prüfpflichten verletzt. Der Betrieb eines Bewertungsportals trägt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Diese Gefahr wird durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, verstärkt. Zudem erschweren es derart verdeckt abgegebene Bewertungen dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen. Vor diesem Hintergrund hätte die beklagte Portalbetreiberin die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und ihn dazu anhalten müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus hätte sie den Bewertenden auffordern müssen, ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen. Diejenigen Informationen und Unterlagen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen wäre, hätte sie an den Kläger weiterleiten müssen.“ (Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle, Nr. 49/2016)

Fazit:

Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Bewertungen im Internet und dem wirtschaftlichen Schaden, der Betroffenen durch haltlose Negativbewertungen entstehen kann, besteht ein dringendes Bedürfnis dafür, die Prüfpflichten der Protalbetreiber zu konkretisieren und Betroffenen effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen.
Da der wirtschaftliche Erfolg Ihres Unternehmens in nicht unerheblichem Umfang von Bewertungen im Internet abhängig sein kann, empfiehlt linklegal – Kanzlei für Wirtschaftsprivatrecht, schnell zu reagieren und bei rufschädigenden Äußerungen und Bewertungen anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Sollten Sie durch eine rufschädigende Äußerung oder Bewertung im Internet beeinträchtigt werden, treten Sie gern jederzeit für eine erste juristische Prüfung Ihrer Löschungsansprüche mit linklegal – Kanzlei für Wirtschaftsprivatrecht in Kontakt.

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